Betriebliches Gesundheitsmanagement

Ein Leitfaden für die Praxis

Im Kern zielt der Leitfaden auf die Institutionalisierung und Systematisierung betrieblicher Gesundheitsförderung, auf ihre Weiterentwicklung zu einem Führungsinstrument, das der Gesundheit der Mitarbeiter und damit auch ihrer Leistungsfähigkeit und Einsatzbereitschaft dient.

Beschreibung

Diese in sechs knappe Kapitel gegliederte Publikation will zunächst einen Überblick über die Bestimmungsstücke eines betrieblichen Gesundheitsmanagements (Kapitel 1) geben und versucht dann "die wissenschaftliche Basis betrieblichen Gesundheitsmanagements und dessen Ziele" aufzuzeigen - auf gerade einmal 20 Seiten! Der Kern des Readers sind die Kapitel 3 bis 5: Hier wird der Leitfaden selbst vor dem Hintergrund seiner Grundideen - Professionalisierung auch der betrieblichen Herangehensweisen, Verknüpfung einer medizinsoziologischen - epidemiologischen Denkweise mit Prinzipien des Qualitätsmanagements und Berücksichtigung einer dennoch in der Unternehmenspraxis tauglichen Arbeitsweise - beschrieben und in einem kleinen Exkurs mit Ansätzen aus der Denkart der lernenden Organisation verbunden. Durch insgesamt zehn exemplarische Kurzbeiträge zum Themenfeld betriebliches Gesundheitsmanagement im Kapitel 6 sollen zudem "einzelne besonders häufig auftretende Aufgaben und Probleme aus dm betrieblichen Alltag exemplarisch" herausgestellt werden. Insgesamt gut gelungen erscheint dem Praktiker der Leitfaden selbst: er ist offen gestaltet und beschreibt in Form einer Checkliste 34 Kriterien - ausgehend vom Leitbild des Gesundheitsmanagements bis zur Einstufung der Controllingmaßnahmen - zur Bewertung des Ist-Zustandes des betrieblichen Gesundheitsmanagements in einem Unternehmen. Zugleich geben die Autoren Hilfestellungen zur unternehmensspezifischen Anpassung und Erweiterung dieser Checkliste sowie zu ihrer betrieblichen Anwendung. Alle vorgegebenen Kriterien werden präzise erläutert und anhand eingängiger Beispiele illustriert. Dabei gehen die Autoren offen auf mögliche Anwendungsschwierigkeiten ein und bieten praktikable Lösungsansätze an. Das Instrumentarium beschränkt sich allerdings auf die Ist-Analyse; Veränderungsansätze muss sich der geneigte Leser aus den sehr kurz gehaltenen "Theorie"-Kapiteln vom Anfang des Readers und ggf. aus den Beispielen zum Schluss des Buches ableiten. Die Qualität und Leserorientierung dieser theoretischen Erläuterungen leiden jedoch an der Verkürzung der Argumentationen: So bleibt zum Beispiel unklar, wie zum einen eine Institutionalisierung der betrieblichen Gesundheitsförderung erreicht werden soll, ohne in Widerspruch zu den Leitprinzipien lernender Organisationen oder der Total-Quality-
Management-Methoden zu geraten. Zum anderen ist sicherlich die Forderung der Etablierung einer weiteren Querschnittsaufgabe Gesundheitsmanagement in der Unternehmung vor dem Hintergrund der Vielfältigkeit der Aufgabenstellungen der Gesundheitsförderung verständlich, aber andere Managementfunktionen erheben diesen Anspruch einer Querschnittsfunktionalität auch - zum Beispiel das Customer Relationship Management, das Kommunikations- und Informationsmanagement, das Knowledge Management, um nur ein paar wenige zu nennen. Diese Ansätze schließen sich gewisslich nicht aus, sondern können sich sinnvoll ergänzen. Eine Argumentationshilfe vermisst der Leser aus der Praxis aber gerade deshalb. Dies ist umso bedauerlicher, als das nach dem Wunsch der Autoren Kunden des Leitfadens gerade betriebliche Führungskräfte und Gesundheitsexperten sein sollen. Kosten zu senken, Mitarbeiter motivieren, Flexibilität und Kreativität stärken - dies versprechen nahezu alle modernen Managementansätze. Hier davon auszugehen, dass der von den Autoren postulierte "integrative Ansatz des betrieblichen Gesundheitsmanagements" ohne weitere Argumente aus sich heraus bereits betrieblich durchsetzbar wird, erscheint - mit Verlaub - ein wenig blauäugig. Zu Recht weisen die Autoren darauf hin, dass gerade in kleinen und mittleren Unternehmen mangelnde geeignete Ressourcen oftmals eine wirksame Gesundheitsförderung verhindern. Diesem Engpass durch Beratungsangebote zum Beispiel der Versicherungsträger entgegenwirken zu wollen, wird allein nicht ausreichend sein. Hier fehlt es an der Vorstellung von transparenten Anreizsystemen, die es kleinen und mittleren Unternehmen reizvoll erscheinen lässt, mehr als nur den gesetzlichen und behördlichen Forderungen Rechnung zu tragen. Aber auch international tätige Konzerne haben nahezu täglich Herausforderungen zu meistern, die ihre Existenz bedrohen können. "Gesundheitsmanagement ist Führungsaufgabe" betonen die Autoren. Die Argumente, Führungskräfte hiervon zu überzeugen, bleiben jedoch in ihrer Darstellung rudimentär: Die Diskussion gesetzlicher Grundlagen, neben den vielfältigen Arbeitschutzvorschriften auch die Einbettung des Gesundheitsmanagements in die Risikoanalysen einer Unternehmung nach dem Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich, nachvollziehbare betriebswirtschaftliche Nutzenkalkulationen auf der Basis erprobter Kennwertsysteme für das betriebswirtschaftliche Controlling, oder schlüssige Beispiele für Effizienzzugewinne in der Praxis - all dies wird von den Autoren nicht angeboten. Die in der Vorstellung des Buches durch die Autoren angekündigten Beispiele "besonders häufig auftretende[r] Aufgaben und Probleme aus dm betrieblichen Alltag" leisten dies auch nicht. Der Leser muss sich derartige Anregungen entweder aus der - mit Sorgfalt zusammengestellten - Literatur im Anhang erarbeiten oder aus anderweitig verfügbaren Quellen erschließen. Trotz der hier geäußerten Kritik: Dieser in Kooperation mit den Spitzenverbänden der AOK, BKK und IKK entwickelte Leitfaden der Autoren gibt wichtige Anregungen und praxistaugliche Hilfestellungen zur Gestaltung und Integration des Gesundheitsmanagements in den unternehmerischen Alltag. So zeigt dieses Buch, dessen Entstehungsumstände nicht unbedingt für ein erfolgreiches Gelingen eines so anspruchsvollen Projektes sprachen, nicht nur die Beharrlichkeit der Autoren, für ihr Anliegen eines integrativen betrieblichen Gesundheitsmanagements einzutreten, sondern auch einen möglichen Weg, zielgerichtet und wissenschaftlich fundiert ein dem Wesen einer wirtschaftlichen Unternehmung nach artfremdem Thema auf die Agenda der insgesamt ohnenden Betätigungsfelder für einen Wirtschaftsbetrieb zu verhelfen. In diesem Sinne bleibt zu hoffen, dass dieser Publikation eine Verbreitung über die Grenzen der fachlich interessierten Leser hinaus gelingt.

Autor

Bernhard Badura, Wolfgang Ritter, Michael Scherf

Verlag

Edition Enigma Berlin

Version

Ausgabe 1999 - 190 Seiten

Preis

EUR 14,20

ISBN

3894048778